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Nockberg-Winterdurchquerung Tag 1: Sonne & Sturm

Claudia Schallauer
13.01.2023

Er fährt! Ein Stein fällt mir von Herzen, den Aineck-Lift in Bewegung zu sehen, der gestern wegen Sturmböen am Nachmittag eingestellt wurde. Doch bevor ich in den Genuss der Auffahrt komme, lande ich erstmal am Weg zur Liftkasse unsanft auf meinem Hintern. Der Untergrund ist in den Morgenstunden wirklich eisig. Wir wollten die Schneeschuhe erst nach Ausstieg vom Sessellift anlegen und ich bereue diese Entscheidung schon. Allerdings, im Laufe meines Lebens bin ich genug oft gefallen, sodass ich dies mittlerweile geschmeidig wie eine Katze kann.

 

Meine größte Herausforderung des Tages wird es, Stecken, Schneeschuhe und Rucksack in den Sessellift zu hieven. Die 1. Chance verpasse ich gleich, sodass mein Partner und ich  getrennt die Fahrt nach oben antreten. Zeit, erstmal  meine Gedanken zu fassen. Worauf habe ich mich da eingelassen?

 

Meine Mission, für die ich auch vom Tourismusverband Kärnten eingeladen wurde: Ist es möglich, die Winterdurchschreitung der Nockberge, die normalerweise mit Tourenski absolviert wird (und dabei einige tolle Abfahrtshöhenmeter beinhaltet (bis zu 2.200m!) auch mit Schneeschuhen zu gehen?

Die Challenge Anfang Jänner:  das taffe Zeitfenster der immer noch sehr kurzen Jänner-Wintertage.

 

Heute z.B. fährt die Bahn erst ab 9:00 Uhr, die wir benötigen, um zum Ausgangspunkt zu gelangen. Das gibt uns ca. 7 Stunden  im Hellen. Und bei 6 Stunden geschätzter Gehzeit für Tourengeher inklusive der  rasanten Abfahrten rechnen wir mindestens mal eine Stunde extra für das Bergabstapfen. Was 7 Stunden reine Gehzeit ergibt, ohne die kleinste Pause, die wir bei den Distanzen aber definitiv benötigen. 

 

Auf ins Abenteuer. Ich springe elegant ohne weitere Zwischenfälle vom Lift und genieße das fast 360° Panorama vom auf 2.200hm gelegenen Aineck. Unsere Uhr tickt, aber als wir zweimal gebeten werden, eine Familie zu fotografieren, tun wir ihnen den Gefallen und lassen uns im Gegenzug auch ablichten.

 

Es ist 9:22 Uhr als wir schließlich losmarschieren. Die Sonne vor uns, die julischen Alpen südlich auf unserer rechten Seite. Erstes Ziel ist die Neue Bonner Hütte, die leider ausgebucht war, sonst hätten wir diesen Teil von etwa 1,5 bis 2h Gehzeit am Anfahrtstag gehabt und nur etwa 14km am Tag zwei. (Was ich hiermit im Nachhinein auch empfehle).

So genossen mein Partner und ich im Gegenzug den Wellnessbereich am Tag unserer gestrigen Anreise, der uns hoffentlich die Kraft für die heutige  Doppeletappe gibt. Da wir nicht auf der Hütte nächtigen, können wir diese leicht umgehen und sparen uns etwa 30 Gehminuten. 

 

Aber zurück zum Start: ich war ja etwas nervös wegen der Orientierung im Winter, da ich bisher nur Sommerweitwanderungen gegangen bin. Und auf Wegen und gut sichtbaren Markierungen ist das relativ einfach. Nicht so im Winter. Allerdings, die Sonne weist uns den Weg, der zum Start heute südostwärts und damit in ihr lächelndes Antlitz führt. Wie vorhergesagt, zieren ein paar Schleierwolken den Himmel, aber sie entfaltet ihre volle Kraft und obwohl es das erste Stück Richtung Hütte abwärts geht, benötigen wir nur ein langes Shirt und ein Gilet. 

Erstes Ziel ist das Teuerlnock, das nur wenige Meter „Umweg“ bedeutet. Aber ein Kreuz gibt immer Kraft und das schöne Gefühl, ein Zwischenziel erreicht zu haben.

Auch wenn man mit Skiern hier grundsätzlich bedeutend schneller unterwegs ist, sind wir bei den aktuellen Verhältnissen mehr als froh, stapfen zu dürfen. Der Schnee ist in den letzten zwei Wochen stetig geschmolzen und in den frühen Morgenstunden harschig und brüchig. Und so sind wir sehr dankbar, als wir einer Spur von Skitourengehern, die wohl ein-zwei Tage vor uns  hier gewandert sind, folgen zu können und dadurch weniger einzubrechen.

Nach dem Teuerlnock geht es dann richtig bergab. Der Schnee glitzert in der Sonne und knirscht bei jedem Schritt, was ein Plaudern unmöglich macht. So taucht jeder von uns in seine Gedanken und ich falle in einen meditativen Gehrhythmus. Die Szenerie rundherum ist speziell für diese Jahreszeit. Grüne Berge bis geschätzte 2000m, darüber ein feines weißes Band. Einzelne Hänge, in denen eine schlangenförmige Skispur das einzig Weiße inmitten grüner Hänge darstellt. Dafür genießen heute zahlreiche Paragleiter und auch ein Ballonfahrer die tolle Fernsicht und auch wir lassen unseren Blick nach vorne Richtung unser heutigen Route schweifen. Eine Kette von Kuppen, die sich aneinanderreiht lässt den Wegverlauf erahnen.

Ab 11 Uhr geht es bergauf. Wir blicken zurück auf das Aineck und sind positiv überrascht, wie gut wir vorankommen. Allerdings war das bisher nur bergab. Wir lassen die Bonner Hütte zu unser Linken und marschieren eine Forststraße bergan. Es ist eine schöne Abwechslung und ein angenehm ansteigender Wegverlauf durch den Wald. Die Zacken unserer Schneeschuhe greifen gut, während unsere Stecken manchmal keinen Halt in dem eisigen Schneerest auf diesem schattigen Wegteil finden

 

Bis jetzt war es ein Genuss zu Gehen, der weitere Weg zum Laußnitzsee verdoppelt allerdings nochmal seine Steilheit. Was jedoch nicht die Hauptherausforderung ist  (wir klappen dankbar die Steighilfen der Schneeschuhe aus), sondern der lebhafte böige Wind, der uns auf der freien Fläche begrüßt, und zwar als herausfordernder Gegenwind. Jetzt heißt es mental stark zu sein, vor allem, weil wir beim See auch unsere Mittagspause einlegen wollten. Hier ist es aber so unwirtlich kalt, dass wir den weiteren Anstieg zum heutigen höchsten Punkt, der Schwarzwand anschließen, was weitere 200 Höhenmeter bedeutet. Ich gönne mir einen kleinen Mandelriegel als Turbo, da meine Kräfte schon etwas schwinden. Ein weiterer steiler Hang vor uns, abermals nutze ich für ein paar Meter eine Skitouren-Spitzkehrenspur, bevor wir mit den Schneeschuhen eine direktere Linie wählen. 

Als ich vor mir ein paar Felsblöcke entdecke, an denen der Schnee schon geschmolzen ist, hoffe ich, dass diese etwas Windschutz bieten und lasse mich doch vor der Schwarzwand zur Mittagsrast nieder. Stefan, mein Partner, ist noch ein paar Meter hinter mir. Ich benötige Energie und eine Pause für meine Beine. Am meisten spüre ich die Höhenmeter in der Leiste und etwas auf den Schultern.

Wir haben ja glücklicherweise Gepäcktransport bei unserer Tour, allerdings ist auch der Tagesrucksack gut gefüllt mit 2,5L Flüssigkeit, der kompletten Winter-Sicherheitsausrüstung wie Schaufel, Pieps und Sonde, Erste Hilfe Equipment und etwas Wechselkleidung, da die Temperaturen je nach Sonnenexposition, Höhenlage und Wind sehr schwanken. UND, ich trage auch meine Thermobox mit, in der ich das gestrige viel zu üppige Abendessen (Kärntner Kasnudeln) eingetuppert habe. Eine Wohltat, diese nun zu genießen. Lange bleiben wir jedoch nicht, da es auch hier nicht einladend ist und marschieren weiter zum heutigen höchsten Punkt, der auf 2.214 gelegenen Schwarzwand. Ist es nun 13:40 Uhr. Hier sind gleichzeitig mit uns fünf Skitourengeher, die auch eine Pause einlegen und danach in unterschiedliche Richtungen ausströmen. Der Wind ist ab hier gottseidank wieder milder und wir genießen nun einen leichten Abstieg in purer Sonne. Dennoch: das coupierte Gelände vor uns hat es in sich, auch wenn es stets nur immer etwa 80 Höhenmeter sind, die wir nach jeder Senke wieder bergauf müssen, werden diese von Mal zu Mal fordernder. Ein wunderschönes Kreuz auf der Gaipahöhe belohnt uns fürs Durchhalten und hier gönnen wir uns unsere zweite 10-Minuten-Pause mit einem Apfel und dem 2. Teil meines Mandelriegels. 

 

Wir studieren die Karte und marschieren in direkter Linie Richtung „Willis Hütte“, die in der untergehenden Sonne funkelt. Es ist nun 15:30 Uhr. Kurz darauf verabschiedet sich die Sonne hinter den Bergen, aber es ist noch hell. Und wir haben den unserem Hotel gegenüberliegenden Lift als Orientierung, sodass wir nicht nur die Skipiste sondern auch freie Waldflächen im Direktabstieg nehmen, um die vielen Zusatzmeter durch das Zickzack der Abfahrtspiste zu vermeiden.

Wir studieren die Karte und marschieren in direkter Linie Richtung „Willis Hütte“, die in der untergehenden Sonne funkelt. Es ist nun 15:30 Uhr. Kurz darauf verabschiedet sich die Sonne hinter den Bergen, aber es ist noch hell. Und wir haben den unserem Hotel gegenüberliegenden Lift als Orientierung, sodass wir nicht nur die Skipiste sondern auch freie Waldflächen im Direktabstieg nehmen, um die vielen Zusatzmeter durch das Zickzack der Abfahrtspiste zu vermeiden.

 

Ungläubig blicke ich meinen Partner Stefan an, als ich wenige Minuten nach der Hütte schon das Tal erblicke und kurz vor 16:30 Uhr den Schriftzug unserer heutigen Unterkunft, des Familienhotels Berghof lesen kann. Nie hätte ich heute morgen gedacht, dass wir erstens vor der Dunkelheit hier eintreffen und zweitens daher Zeit für einen Saunagang vor dem Abendessen haben. Und der ist eine mehr als große Belohnung für uns. Ein herrliches 5-Gang-Abendessen erfreut unsere Mägen und Seele und ein frühes Schlafengehen fördert unsere Regeneration. Und die ist bitter nötig, folgt doch morgen der längste Tag!!!

 

 

Streckeninformation
 

  • Etappenlänge: ca. 16km
  • Höhenmeter bergauf: ca. 1100m
  • Höhenmeter bergab: ca. 1600m
  • Wetter: sonnig, teilweise sehr windig, großteils windstill
  • Highlights des Tages: Sonnenschein, rascher Abstieg, gute Orientierung, 3 Gipfelkreuze

Resumé: Ich bin unglaublich stolz auf meine Energie, die grundlegend darauf zurückzuführen ist, dass ich eine Woche zuvor Detox gemacht, d.h. auf Kaffee, Zucker und Alkohol verzichtet habe. Die Wirkung davon hatte ich mal „zufällig“ bei meiner ersten Weitwanderung, die ich sehr kurzfristig begonnen habe, erlebt. Und aus höchstem Respekt vor dieser Tour erneut bewusst gemacht. Und ich kann nur sagen: ich bin keine besonders gute Ausdauergeherkin, vor allem nicht im Winter. Aber wenn der Körper entgiftet ist, gehe ich mit großer Leichtigkeit und um einiges schneller als sonst.

 

Und, ein weiterer Teil der Leistungsfähigkeit ist sicher meiner neuen Kleidung geschuldet. Noch nie hatte ich eine Hose, die den eisigen Windböen so trotzt wie diese von Löffler. Weder im sonnigen schweißtreibenden Aufstieg zu heiß noch in dem durch den Chillfaktor 10 Grad weniger Expeditionswetter habe ich gefroren. (Ich hatte keine lange Unterswäsche darunter). Selbiges gilt für die Windjacke. Und auch die neue Haube von Eisbär, die aus drei Schichten besteht und die Ohren verstärkt hat, vermeidet ein Schwitzen und Überhitzen und schützt vor Kälte, wobei ich hier von dem mittleren Wärmemodell zum ganz warmen gewechselt habe, das winddichter ist. 

Wichtig ist auch, das habe ich gemerkt, ein langes Laiberl, das die Lenden gut schont. Und eine sehr elastische Hose mit großer Bein-Bewegungsfreiheit. Und hier bin ich nochmals begeistert. Ich habe sehr sportlich-kräftige Oberschenkel, was eine Größe 38 erfordert, allerdings eine eher 34er Taille. Meine neue Hose hat seitliche Bünde, die die Taille um einige Zentimeter verschmälern können. So habe ich guten Sitz und optimalen Bewegungsspielraum.

Kategorien Natur Bewegung