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Lebensweg Etappe 11/1 + Jauerling-Runde: Merry XMAS

Claudia Schallauer
07.11.2022

Von echten und falschen Gipfeln und glücklichen Weihnachtsbäumen

Der Lebensweg wurde mit 13 Etappen "entworfen". Und dann kam eine neue Lebensweg-Gemeinde dazu: Maria Laach. Dieses liegt wunderschön umrahmt vom Natura 2000 Schutzgebiet Jauerling, das in einer 18km-Zusatzschleife zwischen Zeining und Nonnersdorf (vs. 10km am Originalweg der Etappe 10) einlädt, entdeckt zu werden. Nach unserer erfolgreichen Peilstein-Etappe 1 mit 26,6km und 968hm bin ich zuversichtlich, dass wir meine Idee aus 2/3 der Etappe 11 (bis Weiten statt Leiben) und der kleinen Jauerlingrunde mit 25,6km und 790hm gut meistern.

Einen gpx-Track der Zusatzschleife gibt es leider noch nicht, die Runde ist aktuell nur in der Neuauflage der Lebensweg-Wanderkarte enthalten. Auf deren Basis habe ich selbst einen Track angelegt, der mir noch von großer Unterstützung sein würde.

 

Gestern war Zeitumstellung, d.h. wir haben den 2.-kürzesten Tag für die 2.-längste Wanderetappe zur Verfügung. Dementsprechend früh stellen wir den Wecker, was uns einen herrlichen Sonnenaufgang auf unserem auf 860m Seehöhe gelegenen Balkon im Braunegger Hof beschert. Bescherung wird das Wort des Tages: ist dieser doch eine Tour vorbei an einem Dutzend Christbaumkolonien.


 

Aber zurück zum Start: Wir genießen ein schnelles, sehr liebevolles Frühstück und bekommen wieder ein Lunchpaket mit auf den Weg. Was sich darin befindet, variiert stets und es ist ein bisschen wie Weihnachten was darin ist, bzw. heute wie Halloween :-). Wir freuen uns über Mannerwafferl und Obst, sowie ein kleines Haribo-Sackerl, das Weckerl/Brot dürfen wir selbst nach unseren Vorlieben füllen.

Im Anschluss fährt uns die Chefin höchstpersönlich zurück zum Endpunkt bzw. eigentlich vor - nach Raxendorf. Wir nehmen unseren Weg wieder auf, der uns zuerst entlang der Straße durch den Ort führt. Dabei passieren wir liebevoll gepflegte Gärten und erfreuen uns an schönen Dekorationen entlang der Häuserwände. Genau diese kleinen Dinge sind es, die unser Wanderherz immer wieder zum Lächeln bringen. Ein Lächeln zaubert meiner Mama auch der Weg, der perfekt zum Eingehen flach bzw. teilweise sogar leicht abwärts verläuft. Wir kommen rasch in den Flow.

 

„75 bis 99 Jahre – Weisheit und Frieden", das Thema des heutigen Tages begleitet uns gedanklich. Zwei schöne Worte, und Ziele, nach denen wir uns alle sehnen. „Wie alt möchtest du werden?“, frage ich meine Mama. „Ich möchte so lange leben, wie ich körperlich und geistig fit bin und selbständig für mich sorgen kann“, erhalte ich als Antwort. Und wenn das zutrifft? „Dann gerne 100“, ich habe noch so viele (Wander- und Reise-)Träume, höre ich sie lachend sagen.

Auch ich denke über meine ferne Zukunft nach, einen Lebensabschnitt, der sich unglaublich weit weg anfühlt, bin ich doch knapp halb so alt gerade. Sehr hoffe ich, dass ich spätestens mit 75 das Pensionsalter erreiche ;-)!?. Ehrlich gesagt bin ich sehr gegenwartsorientiert und breche mein Gedankenspiel bald ab. Aber lebenslange Gesundheit ist auch mein höchstes Ziel.

 

Es wird kälter je tiefer wir kommen, die Inversion lässt grüßen. Ganz leicht sieht man unseren Hauch und die ersten Christbäume, an denen wir vorbeiwandern, scheinen sich ganz in ihrem Element zu fühlen. Als wir Richtung Jauerling abbiegen und die Straße verlassen, bringen mich im Morgentau glitzernden Feldblumen ins Staunen. Filigrane Blüten bis hin zu prächtigen Sonnenblumenköpfen – damit hätte ich Ende Oktober definitiv nicht mehr gerechnet – schimmern im Gegenlicht in funkelndem Galakleid und wirken teilweise fast durchsichtig. Meine Kamera spielt mit den Modells, die um Aufmerksamkeit wettbuhlen.

Aber wir sollten weiter. Als wir den Feldweg verlassen, stehen wir vor der Ortstafel „Zeining“. Hier trennt sich die Originaletappe 11 von dem Weg der Zusatzschlaufe. Ein Blick in die Augen meiner Mama, ein fragendes „Wollen wir?“. "Ja, wir packen es!" Und zielstrebig marschieren wir dem Jauerling entgegen. Es ist kurz vor 9 Uhr, wir sind voller Energie und neugierig auf den Weg. Nach wenigen Metern merken wir, dass wir nun auf uns allein gestellt sind, da wir diesen nicht ausgeschildert finden. Ich aktiviere meine Wander-Navigations-App und folge der Route meiner Vorabend-Planung. Wir entdecken einen Wegweiser Jauerling, der uns in den Wald rein geleitet und die ersten von vielen Höhenmetern fordert.

 

Die Sonne lacht uns von vorne an und wir legen unsere oberste Kleidungsschicht ab. Auf dem folgenden Asphaltweg wirft unser Körper lange Schatten. Wir gehen meditativ in der Stille des Morgens, umgeben vom gold in Szene gesetzten Blätterwerk der Bäume. Wie Hänsel und Gretel halten wir Ausschau nach Hinweisen, um uns nicht zu verirren. Ohne meine Aufzeichnung bin ich nicht sicher, ob wir das geschafft hätten. Wir sind tief im Wald, der Weg blätterbedeckt und steil, sodass wir uns entscheiden, unsere Stecken auszupacken. Wir befinden uns am Weg Nr. 73 Jauerling-Wachau, wie wir oben lesen werden am „schwierigen“ Steig, der 2km Weg gegenüber dem leichteren, weil ausufernden, einspart.

 

Motivierend leuchtet uns eine Antenne entgegen und wir befinden uns am „Jauerling Plateau“. Von hier aus gibt es zahlreiche Möglichkeiten zu kleineren oder größeren Zusatzrunden. Natürlich wollen wir den Gipfel sehen bzw. die zwei, wie sich später herausstellt. In einer „Uhrzeigersinn-Schlaufe“ wandern wir zuerst zum höchsten Punkt auf 960hm, den man ohne das imposante Kunstwerk einer schwebenden Kranzes, der einen Felssockel bewacht, übersehen würde. Ein Gedicht von Hermine Cloeter von 1922! weist auf die „Schüchternheit“ dieses Gipfels hin, ein gelbes Schild zum Weg Richtung „falscher“ Gipfel. Dieser ist mit einem Kreuz geschmückt und bietet einen Sonnenbank, auf dem ich ein 2. kleines Frühstück einnehme.

Motiviert schließen wir die Mini-Runde zum Naturparkhaus Jauerling an, um erstaunt festzustellen, dass dieses ganzjährig geöffnet hat. Leider wollen wir Meter machen und widerstehen der Versuchung von Steinpilzsuppe und Mohnnudeln. Wir kommen zurück zum Ausgangspunkt des Rundwegs, passieren den nun schon sehr vollen Parkplatz und marschieren weiter zur Jauerling Gipfelhöhe, die mit einer imposanten Aussichtswarte aber vor allem einer herrlichen Lichtung zum Picknicken und Genießen einlädt. Ein Blick meiner Mama, aber ich muss streng bleiben. Der Tag ist sehr lang und die erste große Pause habe ich für Maria Laach eingeplant. Dieses liegt laut Beschilderung, die ab hier übrigens wieder die Lebensweg-Sticker enthält, zwei Stunden vor uns. Wir motivieren uns damit, dass das Touristenangaben sind und wir früher dort eintreffen. Und genießen den Weg. Dieser ist ab hier Teil des Welterbesteiges und führt wunderschön durch den Wald. Eine Stunde früher als erhofft stehen wir um 13:00 Uhr kurz vor dem Ortzentrum vor einer herrlichen Rundbank mit Tisch, die wir zu unserem Picknick- und Pausenplatz auserwählen.

Apropos kreisrund? „Waren wir hier nicht schon?“, fragt meine Mama erschrocken, als wir das nächste Ortsschild passieren. Nein, wir waren in Zeining, das hier ist Zeißig :-). Kurz war auch ich verwirrt. Aber wir sind perfekt unterwegs, finden nach zwei Versuchen auch den richtigen Etappenstempel in Maria Laach - das sich übrigens als Christbaumgemeinde bezeichnet :-) - und bekommen als Belohnung beim Weitergehen ein Panorama aus faszinierendem Nebelmeer, aus dem diesig die Gipfel von Ötscher und Rax in der Ferne auftauchen. Ein magischer Moment.

Unsere Strecke folgt nun dem 3-Kirchen-Weg und führt weg von der Straße, die in drei Kilometern nach Nonnsdorf führt. Wissend, wo wir hin wollen, ist dieser auch bergan führende Umweg eine mentale Herausforderung. Ein Schild mit „naturnahe Christbäume“ bringt uns zum Schmunzeln, bei gefühlt 30° an so viel Weihnachten vorbei zu gehen, fühlt sich schräg an.

Das Panorama wird immer schöner, gesellen sich zu dem Nebelmeer nun auch eine an Nepals 7000er anmutende blaue Bergsilhouette… und ein sichelförmiger Mond. Bis kurz nach Nonnsdorf gehen wir der angenehmen Nachmittagssonne entgegen, dann biegen wir ein letztes Mal in den Wald und müssen gleich zwei Schichten extra anziehen, um nicht zu frieren. Die Vorfreude auf unser 4*-Wellnesshotel heute Abend wächst, wir fühlen uns wie Aschenputtel, das vom Dienstmädchen zur Königin aufsteigt.

 

Allerdings bringt uns die Wirklichkeit zurück zu Hänsel und Gretel und wir verlieren bei den letzten 200 Wegmetern die Orientierung. Ich bin mit Fotografieren abgelenkt, meine Mama folgt dem breiten Waldweg bergab, bis dieser endet. Es dämmert und wir sind im Funkloch, sodass ich uns auch auf der Offline-Karte nicht korrekt orten kann. Ich versuche eine kluge Entscheidung zu treffen: zurück zum letzten bekannten Ort. Jenem Hof, an dem wir in den Wald eingebogen sind. Kurz davor entdecke ich nun den steil abfallenden, nicht markierten korrekten Abstiegsweg, den wir aufgrund der eintreten Dunkelheit nicht mehr auf uns nehmen sondern unseren (noch unbekannten) Wandertaxi-Fahrer darum bitten, uns hier abzuholen. Was er auch macht. Ein frühzeitiges Weihnachtsgeschenk, das mit Sauna und Rooftop-Pool dann immer mehr getoppt wird.

 

Mein Resumé des Tages: Wenn der Lebensabschnitt 75 bis 99 so gesund und genussvoll wird, dann freue ich mich jetzt schon drauf :-)

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