Blog

HTPT-Etappe 12 - 2.Teil + 13: Augenblicke

Claudia Schallauer
13.08.2023

Als ich die Augen öffne, traue ich ihnen zuerst gar nicht. Und auch, als ich meine Brille aufsetze, wird die Sicht nicht besser. Die zwei kleinen Fenster des Schlaflagers sind komplett zugeeist. Der Wind setzt den Tanz der Nacht fort, wohl eine italienische Tarantula. Dass ich überhaupt ein Auge zumachen konnte, wundert mich im Nachhinein, die Dezibel des Sturmes übertönten bei weitem die Dämmkraft meiner Ohropax und selbst zwei Decken konnten die einstellige Raumtemperatur kaum ausgleichen. Ich erinnere mich, dass ich noch dachte „Ich freue mich schon aufs Aufstehen und Gehen“…. Aber irgendwann hat mich dann wohl doch das Sandmännchen zu sich geholt.

Ich wache unerwartet frisch auf, und frisch wird das Motto des Tages. Davor ein kurzer wärmender Augenblick beim Frühstück. Da ich kein großer Freund von Brotzeit am Morgen bin, freue ich mich, den leckeren Topfenkuchen genießen zu dürfen. Dazu ein starker Filterkaffee und wir sehen der Tatsache ins Auge: Der Wind tobt, draußen liegt (wenig, aber doch) Schnee und wir müssen da raus.

Mit drei Schichten mehr als am Vortag (bzw. allem, was wir dabeihaben), kämpfen wir uns gegen die Böen. Es fühlt sich an, wie eine Arktis-Expedition, einzelne Windstöße sind so heftig, dass wir uns ein paar Zentimeter zur Seite wanken. ABER: der Weg ist gut sichtbar, zuerst eine Forststraße und dann eine klar ersichtliche Abzweigung. UND: Es geht bergab. Über 1300 Meter genauer gesagt und mit dem Abstieg steigen die Temperaturen.

Die Szenerie wechselt bald auf Grün. Auf der Pfarrachhöhe staunen wir über das herrliche Panorama von den Schladminger- und Radstädter Tauern bis hin zum Großvenediger. Der Schnee ist tief gefallen (knapp über 2000 Höhenmeter) und hat die Zipfel der höchsten Berge in ein sattes Weiß getaucht. Einige unserer Hütten-Kameraden vom Vorabend haben eine Alpenüberschreitung geplant, die über 3000 Meter raufführt – und haben schon, gerechtfertigt, an der Realisierung gezweifelt.mUnser Trail führt in den nächsten Tagen auf max. 2.200 Meter – und ab morgen sollte die Sonne dominieren. Heute hoffen wir auf wenig Regen, die Prognosen sind sehr schwankend und lokal. Wir freuen uns über jede Stunde, die wir trocken genießen und langsam tauen auch die Finger wieder auf.

 

Der Wanderweg wechselt auf eine Forststraße und dann auf Asphalt. Es gäbe die Möglichkeit, ein Wandertaxi für dieses letzte Stück zu nutzen, aber wir sind in Schwung und erreichen zur Mittagszeit Taxenbach. Es ist MONTAG. Ein ganz schlechter Tag für eine Einkehr.  Die erste Gaststube, die wir passieren, hat heute und morgen Ruhetag. Aber: Nummer 2, der Postwirt empfängt uns mit offener Tür, und wir genießen eine bodenständige, wärmende und stärkende Mittagsmahlzeit.

Hier, in Taxenbach endet Etappe 12, die wir halbiert hatten. Sprich die kurze (3-stündige) ET 11 mit der 1. Hälfte der ET 12 und heute die 2. Und eben in Folge ET 13, die wiederum nur drei Stunden Gehzeit beinhaltet und über die Kitzlochklamm nach Embach führt.

 

Ob die Klamm nach dem Regenwochenende des Jahres 2023 die letzten zwei Tage geöffnet hat? Wir hoffen uns und haben erneut Glück. Bis zur Klamm folgen wir dem Salzachweg – romantisch am Ufer des wild tänzelnden Flusses entlang. Ein Märchenland aus Farnen und Bäumen und nur ganz wenig Matsch. Ein voller Parkplatz reißt uns aus dieser idyllischen Einsamkeit und wir betreten mit einer Vielzahl Urlaubern und vorgeschriebenem (Leih-)Helm, die Klamm (Kosten: € 9,- pro Erwachsener). Und dann geht es viele Stufen bergauf, immer wieder halten wir kurz inne für die beeindruckenden Ausblicke die uns das Wunder der Natur vor Augen halten.

Der HTPT geht nahtlos nach der Klamm weiter, auf einem ebenfalls schönen Wegstück. Danach queren wir die Straße und nehmen Anlauf für die letzten 150 Höhenmeter, zur Maria Elend Kapelle. Auch dieser Pfad ist angenehm zu gehen (wir hatten kurz überlegt, auf der Straße unten zu bleiben und die Höhenmeter zu sparen, da wir morgen erneut bei der Kapelle vorbei gehen). Aber keine Müdigkeit vortäuschen ????. Beim Augenbründl waschen wir unser Gesicht, auf dass unsere Augen immer Klarheit haben und liefern uns einen Endspurt mit dem Regen, der es nicht schafft, uns bis zur Herberge in Embach einzuholen. Ob morgen wieder die Sonne lacht? Augen, Herz und Magen tun dies auf alle Fälle beim Anblick unserer regionalen Abendessen im Krämerwirt. Von unserer Seite haben wir also alles getan fürs schöne Wetter.

ETAPPENINFOS:

ET12 vom Statzerhaus bis nach Taxenbach (ca. 12km und etwa 750hm bergab, nur wenige bergauf)

ET 13 Taxenbach über Kitzlochklamm nach Embach: 7,4km 533hm Aufstieg, 300 im Abstieg

Kategorien Bewegung Natur Auszeit