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HTPT-ET16: Bock(hart) auf Berge

Claudia Schallauer
16.08.2023

Gegessen haben wir sensationell (z.B. Fisch aus lokalem Fang und eigene Teemischungen des Hauses), geschlafen ebenso. Bevor wir weiterwandern, folgt Essen Nr. 2:

Wir bitten darum, bereits um 7:30 Uhr frühstücken zu können – da wir dieses gerne genießen und dennoch vor 9 Uhr starten möchten. Und das war im Nachhinein eine gute Entscheidung. Denn auch beim Frühstück ist das Naturfreundehotel anderen Unterkünften überlegen: es gibt auch beim Bufett Teeblätter erlesener Sorten (griechischer Bergtee), dazu regionale Säfte, saftige Brotscheiben, „bessere als Standard“-Marmeladen, eine gschmackige Butter und zum Käseangebot auch frische Paprika und Tomaten. Daher von meiner Seite eine 100% Empfehlung für diese Unterkunft. Mein persönliches Highlight war neben der grandiosen (unerwarteten) Outdoor-Sauna der Trockenraum, der es wirklich geschafft hat, meine komplett nassen Wanderschuhe wieder auf Reset zu setzen und mir einen warmen Start in den leider erneut regnerischen Tag zu ermöglichen.

Es soll angeblich besser werden… aber da wir in einem kompletten Funkloch sind – was eigentlich ganz schön ist, mal gar nicht erreichbar zu sein – können wir die genaue Prognose nicht abrufen. Aber wozu auch? Wir marschieren mit unserem bewährten Wanderschirm-Aufbau los. In den Pfützen spiegelt sich die Welt, rundherum glitzern die Farne und wir genießen das tanzende Licht- und Schattenspiel. Es geht vorbei am Urwald, der wie gestern zaubert – und zwar die Sonne zurück am Himmel.

Wir schließen die Regenschirme und öffnen die Augen für die volle Blickweite. Die Sonne verlässt uns zwar wieder, aber die Himmel hält dicht. Etwa eine Stunde führt der Weg zurück zur gestrigen Kreuzung bis zur Filzalm. Eigentlich ist es eine kleine mentale Herausforderung, all diese Weg- und Höhenmeter retour zu gehen, aber mit dem märchenhaft-schönen Urwald und dem tollen Aufenthalt im Talschluss von Kolm Saigurn: jederzeit wieder!

Ab jetzt geht es richtig aufwärts. In einer skandinavisch anmutenden Landschaft mit endlosem Grün, springenden Bächen und grasenden Pferden machen wir etwa 500 Höhenmeter in nur zwei Kilometern. Gottseidank mögen unsere Beine wieder. Und so nehmen wir auch den Bockhart-Gipfel mit, der 40 Meter über unserer Abzweigung an der gleichnamigen Scharte thront, und uns mit einem wunderschönen Gipfelkreuz belohnt. Die Uhr zeigt 11 Uhr. Es frischt auf und wir legen unsere Windjacken an.

Es geht weiter zum nächsten Highlight – den ebenso gleichnamigen Seen – dem oberen und unteren Bockhartsee. Die Szenerie wirkt wie ein Postkartenmotiv – blau-schimmerndes Wasser, glückliche Kühe, farbenfrohe Blüten und im Hintergrund markante Gipfel.

Am Ufer des unteren (Speicher-)Sees legen wir in einem uns wohlwollenden windstillen und sonnigen Moment eine kurze Pause ein, um uns zu stärken (der Weg über den Staudamm aktuell gesperrt und nimmt uns die Verlockung auf eine Rast in einer am Ende auf der anderen Uferseite liegenden Hütte). Daher geht es genussvoll und eben die Originalroute am Ostufer entlang. (d.h. der HTPT ist von der Sperre nicht betroffen)

 

Die Ge(h)mütlichkeit hält nur kurz: danach werden die Wadeln nochmal gefordert: weitere 400 Höhenmeter warten. Eigentlich ist der Weg schön und das hoch-Ansteigen unsere Stärke, aber es ist extrem matschig. Und langsam wird der Geist müde vom Abwägen, wo wir unsere Schritte gut platzieren können, ohne einzusinken oder abzurutschen. Die Miesbichlscharte, die wir um 14 Uhr erreichen, hält, was sie verspricht bzw. eher das Stück danach: Es ist, als ob wir in eine andere Klimazone eintauchen – der Wind bläst eine kräftige Fanfare und der Himmel verschließt den Blick auf die Welt mit einem dichten Vorhang aus Nebel. Dennoch macht das folgende Stück auch Spaß: große Blockfelsen bilden für etwas weniger als eine Stunde unseren Untergrund – und wir springen wie Gämsen von einem zum anderen, denn sie sind vom Wind trocken und gut griffig.

 

Dennoch: langsam schwinden die Kräfte – ABER, wie wir mit dem ersten Empfang herausfinden, fährt die Bahn nur bis 16:30 Uhr – und das ist nicht nur die offizielle Empfehlung bei der heutigen Etappe sondern auch unsere große Motivation: ansonsten winken weitere 1.100 Höhenmeter im Abstieg. Und nach vier sehr intensiven Tagen und einer langen Etappe voraus, nehmen wir die Option der Talfahrt gerne an und marschieren ohne weitere große Pause. Nach einem schönen Höhenweg unterhalb der markanten Silhouette des Zitterauer Tisches, erreichen wir glücklich um 15:45 Uhr die Bergstation. Mit wirklich gutem Gehtempo und wenig Pause waren wir bisher 7 ¼ Stunden unterwegs. Wer also ebenfalls die Bahn nutzen will, sollte eventuell eine halbe Stunde früher aufbrechen als wir, um hier auf Nummer sicher zu gehen. Mit € 22,-/Person ist die Talfahrt mit der Stubnerkogelbahn zwar sehr hochpreisig, andererseits sind die € 2,-/100hm heute gut investiert. Wir gleiten in den Kurort Bad Gastein ein, die Bahn mündet ganz in der Nähe des Bahnhofes.

Wir bahnen uns den Weg zum Hotel Echo – dessen Namensursprung ich kurz drauf herausfinde: der Wasserfall donnert direkt unterhalb vorbei und wirft seinen Bass ins Zimmer. Nach dem Essen im Ortszentrum folgt ein großer Verdauungsspaziergang, der zumindest in Teilen die Bahnabfahrt wieder wettmacht. Mir war nicht bewusst, dass sich Bad Gastein über 80 Höhenmeter zwischen Quellpark und Bahnhof ausbreitet – ein Erlebnis für sich und mit dem Wasserfallweg gibt es hier eine wirklich attraktive Stadtwanderung. Je nach Unterkunft führt die morgige Etappe nicht zwangsläufig im Zentrum vorbei – und es wäre sehr schade, Bad Gastein nicht gesehen zu haben. Daher meine Empfehlung, am Abend der Etappe 16 im Ort zu essen oder danach einen Verdauungsspaziergang genussvoll ohne Rucksack zu unternehmen!

Kategorien Bewegung Natur Auszeit