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HTPT Etappe 7: von Shuttle zu Schleppern

Claudia Schallauer
21.08.2022

Ich steige kurz vor sieben aus dem Bett, meine Freundin kurz drauf in ihre Bus-Zug-Verbindung, die sie mit viermaligem Umsteigen zurück nach Wien bringt, wo sie, entschleunigt nach 5 Tagen Genuss-Wandern, um 15:00 Uhr wieder auf das Alltags-Tempo beschleunigen muss. 

Mein 1. Termin heute: 15:30 Uhr, da trifft mein Partner ein, der mich auf den kommenden vier Etappen begleiten wird. Vor mir: viel Zeit, die ich allerdings auch gut brauchen kann, um nach einer Woche ein paar dringende Emails zu beantworten, und vor allem um: UMZUPACKEN. Hatte mich bisher ein sehr voller Koffer begleitet, der perfekt organisiert von Hotel zu Hotel geshuttelt wurde, so werde ich ab heute alles selbst tragen. Und dafür gehört kräftig aussortiert. Ich mache einen kurzen Check, was überhaupt noch sauber und tragbar ist. (Sehr dankbar bin ich für den kurzfristigen Wäscheservice des Hotels, bei dem ich ein paar Socken und meine vier mehrfach durchgeschwitzen T-Shirts reinigen lassen). Ich bin überrascht, wie leicht es mir fällt, nach einer Woche Comfort-Weitwandern eine Mini-Auswahl an Kleidung und eine Reduktion auf ein Paar Wanderschuhe (die wasserfesten) treffen zu können. Stolz hebe ich den nun „alles für 3 komplette Tage“-Rucksack probeweise hoch und bin zufrieden.

Wo ich mich nicht beschränke, ist beim gigantischen Frühstück, das mich im Hotel Bräurup erwartet. Eierspeise und Brot, Müsli mit vielen frischen Früchten und zum Abschluss noch ein Stück Kuchen mit Kaffee. Gestärkt verbringe ich die nächsten vier Stunden mit dem Schreiben von Emails und Verfassen von Texten.

 

Da mein Partner viel schneller wandert, vereinbaren wir, dass ich alleine langsam starte und er nachkommt. Ich arrangiere das Depot für mein zurückbleibendes Gepäck sowie seine Parkmöglichkeit und schultere meinen Rucksack, was mir erstaunlich leicht fällt. 1. Stopp noch im Ort: ein Café. Mein kleiner Mittagshunger (trotz Frühstücksmarathon) macht sich bemerkbar, und da 1200 Höhenmeter vor bzw. über mir liegen, gibt es noch einen Power-Bagel als Imbiss.

Um 13:53 Uhr überschreite ich die Pylongetragene-Brücke und folge den Stufen Richtung Schloss Mittersill. Während die Autos in Serpentinen auf der Pass Thurn Straße aufwärtsgelenkt werden, ist der Fußweg überraschend schön und in Wald und Wiese verlaufend. Rasch liegt Mittersill tief unter mir und das Schloss imposant vor mir. Ich nehme ein paar Extrameter auf mich und werfe einen Blick in den Innenhof, in dem mich ein überdachtes Restaurant begrüßt.

Ich bleibe in Bewegung und genieße es, ein paar Stunden allein unterwegs zu sein – um auch gedanklich von der Zeit mit meiner Freundin zu unserer Paar-Wanderung überzu“gehen“. Bis zum Eintreffen bin ich also ohne menschliche Begleitung, nehme aber umso intensiver die Spuren versteckter Waldbewohner wahr, wie z.B. die beeindruckenden Spechtlöcher. In Abwesenheit alternativer süßerer Personen begleiten mich sogar dann ein paar Bremsen, die mir etwas zu nahe kommen.

Teilweise der Asphalt-Straße, teilweise abkürzenden Waldwegen folgend steige ich dem Himmel entgegen. Dieser bietet eine Bühne aus Wolken, die schwer einzuschätzen sind. Der Wetterbericht verheißt Regen, wann und in welcher Intensität, steht noch in den Sternen. Ich genieße die heute angenehme kühle Luft, die mir bei dieser steilen Etappe sehr entgegen kommt. Je höher ich komme, desto mehr kommt eine Wahrnehmung zurück, die wir alle diesen Sommer kaum mehr kennen: ein Gefühl von Kälte. Ich lege eine lange Jacke an, als ich auf einem wunderschönen moos-bewachsenen Aussichtsplateau, etwa 300 Höhenmeter unter dem Tagesziel, der Bürglhütte, eine große Pause einlege, um auf meinen Freund zu warten.

 

Nur etwa 30 Minuten später setzen wir unsere Reise zu zweit fort, die durch saftig grüne, kuppelige Landschaft mit ihren zufrieden-wirkenden Kühen und Ziegen führt. Die letzte halbe Stunde setzt leichter Niederschlag ein und wir sind froh, als wir die Bürglhütte erreichen, die tief eingebettet in einer Senke, umgeben von 360° Bergpanorama in dem 1. kompletten Funkloch seit Trail-Beginn, liegt.

Wie ursprünglich alles hier ist, merken wir beim Betreten der schiefen Türen und Passieren des nostalgischen Telefonapparates mit Viertelanschluss, den ich bisher nur von Erzählungen meiner Mama kenne.

Außer uns befindet sich noch eine Gruppe von fünf Personen in der Stube, die das Abendessen, wie es scheint, gerade abgeschlossen haben. Nachdem wir erfolgreich erklärt haben, dass mein Partner kein Gluten essen darf und ich kein Schweinefleisch will (diese Infos sind leider nicht angekommen), werden wir mit Naturschnitzel (er) und einer riesen Portion Kaiserschmarrn (ich) zwar nicht mehrgängig, aber schmackhaft verköstigt.

Wir werden gebeten, pünktlich um 22 Uhr Bettruhe einzuhalten, da es danach keinen Strom mehr gibt. Ich komme an diesem Abend gar nicht mehr dazu, das zu hinterfragen, da ich bereits um 21 Uhr meine Augen schließe und von einem Kuhglocken-Konzert in den Schlaf gebimmelt werden.

 

Etappeninfos:

  • ET7: Start: Mittersill – Bürglhütte
  • Highlights: Nationalparkzentrum im Ort, Schloss Mittersill
  • Strecke: 9,4km – ca. 1.280hm bergauf, 360hm bergab
  • keine Alternativroute
Kategorien Natur Auszeit Bewegung