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HTPT Etappe 5+6: (Doppel-)Tag der Salamander

Claudia Schallauer
20.08.2022

Als wir das Wildkogelhaus um 8:15 Uhr verlassen, regnet ist. Laut Wetterbericht werden uns heute 18 Liter erfrischen. In neonfarbener Regenkleidung marschieren wir los, zuerst etwas unmotiviert, da die ersten 2,4 Kilometer nur ein Retourstück des gestrigen Weges sind. Wir zweifeln an unserer Entscheidung, ob wir nicht doch beim gestrigen Schönwetter eine 2. Etappe hätten dranhängen sollen, um uns 5 Kilometer zu sparen…

 

Gedankenversunken stoppe ich nach einem „Achtung“-Ausruf meiner Freundin. Fast hätte ich einen Alpensalamander gestreift, der sich nun gelenkig in eine s-kurvige Angriffshaltung vor uns auf dem Weg positioniert. Ich liebe diese Tiere. Im Gegensatz zu den Feuersalamandern, die in ihrer gelben Musterung fast leuchten, sind ihre rein schwarzen Verwandten schwieriger zu entdecken und wir müssen uns etwas einsehen.

Dafür haben wir bei der heutigen Doppel-Etappe genug Zeit und so treffen wir auch ingesamt sechs wunderschöne Exemplare, die sich sehr über das nasse Wetter freuen. Und eigentlich wir auch – die Landschaft erinnert meine Freundin an Dänemark, mich an Irland, zwei Länder, an die wir schöne Erinnerungen haben.

 

Heute sind wir wortwörtlich am Panorama-Teil des Trails angekommen. Wir legen Kilometer für Kilometer zwischen der Bandbreite 1.700 bis 2.000m Seehöhe zurück. Trotz des Graus des Himmels genießen wir teilweise guten Fernblick, wobei der Berg vor uns, der Pate der 5. Etappe ist, fast alle unsere Blicke für sich beansprucht: der markante Rettenstein, dem wir Meter für Meter näher kommen.

Auf der gestrigen Etappe hatte er mit mehr Entfernung ausgesehen wie ein Indianer - der Freund der schlafenden Griechin, haben wir gescherzt. Von der Nähe zeigt er seine rauhe, schroffe Seite und wir wundern uns, wo und wie wohl der Aufstieg verlaufe. Ein Abenteuer, das uns heute leider verwehrt bleibt, einerseits aufgrund der Nässe, andererseits auch, da wir leider keine Zeitreserven haben. Allen, die jedoch „nur“ die Etappe 5 gehen und über genügend Fitness und Motivation verfügen, würde ich dieses zusätzliche Highlight empfehlen. Wir kommen wieder!

Als wir kurz vor dem Fuße des Rettenstein stehen, nähern sich drei wunderschöne Pferde, ein schwarzes, ein satingraues und ein Pippi-Langstrumpf-gepunktetes auf uns zu, eine faszinierende Mischung aus purer Kraft uns sanfter Anmut diese Tiere.

Tierisch geht es weiter, allerdings in Form eines nicht ganz so willkommenen Hindernisparcours durch unzählige Kuhfladen – und Nässe bedingt sonstigen Schlammlöchern, Pfützen und nassen Steinen. Die Belohnung: der Regen stoppt. Und die Natur zeigt sich von ihrer schönsten Seite: hunderte farbenfrohe Alpenblumen säumen die saftigen Hänge des Rettenstein und als wir ihn umrunden scheint die Sonne durch die Wolken.

Vor uns der nächste Wegabschnitt – 200 Höhenmeter aufwärts zur Panoramahütte, wo wir bei etwas der Hälfte der heutigen über 30 Kilometer-langen-Doppel-Etappe unsere Mittagsrast einnehmen wollen. Motiviert überwinden wir die letzte Kuhfladen-Wiese und als wir vor dem riesigen Gebäude stehen sind wir von Nebel umhüllt – und finden daher die Nicht-Ausblicks-Terrasse geschlossen vor. Soweit hatten wir es schon von der Website-Info „nur bei Schönwetter geöffnet“ leider erwartet.

Plan B folgt, der etwas 45 Minuten entfernte Pinzga-Blick am Etappen-5-Endpunkt der Resterhöhe, Kreuzungspunkt zweier Gondeln. Als wir etwas müde, gegen 14:00 Uhr, nach 19 Kilometern Dauermarsch, dort eintreffen, begrüßen uns zwar unzählige Tretautos und weitere Kinderspielzeuge, allerdings keine offene Gastronomie, obwohl online „geöffnet bis 16:30 Uhr“ verlautbart wird.

Unsere Wasservorräte sind aufgebracht. Ich rufe die auf der Website angegebene Handynummer und erkläre unsere Verwunderung und auch unglückliche Situation. Kaum fünf Minuten später steht der Inhaber, vor uns, offeriert uns zwei große Getränke aufs Haus, entschuldigt sich für die Fehlinfo und füllt noch unsere Wasserflaschen auf. Ein Trail-Angel.

Von nun an geht es bergab…  bis nach Mittersill. Wir verlieren kurz den markierten Weg auf den folgenden Skipisten, sind aber bald wieder on track. Ein wunderschöner, bis kurz vor dem Ort ohne Asphalt auskommender Wanderweg führt großteils durch Wald auf - nach diesem langen Tag mehr als willkommenem - weichen Untergrund. Wir passieren den Pass Thurn, das ihn umgebende Wasenmoss-Hochmoor und steigen Meter um Meter ab. Der dicht umsäumte Waldweg lässt nicht erahnen, wie weit bzw. nah wie dem Ziel sind, bis wir ihn verlassen und schon fast vor der Kirche Mittersills stehen. Nur mehr ein Kilometer trennt uns vom Ortszentrum, das wir über die futuristische Brücke, die wegen der Hochwasser-Herausforderung hier, auf Pylonen thront, betreten.
 

Um 17:45 Uhr, nach knapp 8,5h Gehzeit (statt 11 Stunden wie angegeben) stehen wir mehr als glücklich vor dem traditionsreichen Hotel Bräurup, das uns heute Unterkunft bietet. Mit dem uns offerierten Hausschnaps, ein extrem feiner Cuvee aus Kirsche, Marille und Pflaume stoßen meine Freundin und ich auf erfolgreiche, sehr eindrucksvolle 5 Wandertage mit 6 Etappen auf dem Hohe Tauern Panorama-Trail an.

 

Abwechslungsreiche Landschaft, wunderschöne Comfort-Unterkünfte mit großteils extrem herzlichen Gastgebern, top-Kulinarik und dem perfekt organisierten Gepäcktransport liegen hinter uns. Ein großer Dank an diese Stelle an die Trailangels, die dies für uns geplant und koordiniert haben.


4 weitere Etappen in 3 Tagen, in denen ich nun alles selbst tragen werde, liegen vor mir – ich bin sehr neugierig, was mich und meine neue Begleitung erwartet!

Etappeninfos:

  • ET 5: Start: Wildkogelhaus – Resterhöhe, ET6: Resterhöhe - Mittersill
  • Highlights: Blick auf Rettenstein (bei Einzel-Etappe: Möglichkeit zur Besteigung)
  • Strecke ET5: 19,2km – ca. 520hm bergauf, 630hm bergab
  • Alternativroute ET5: 10,3km, ca. 1.200hm bergauf, 120hm bergab
  • Strecke ET6: 12,4km – <100hm bergauf, 1.200 hm bergab

 

Die Etappe 5 hat eine Alternativroute, die den Großteil des Tages im Flachen verläuft, bevor es 1200 Höhenmeter bergauf zur Tresterhöhe geht. D.h. sie ist zwar kilometermäßig nur knapp etwas mehr als die Hälfte der Original-Variante, dafür allerdings doppelt so hoch vom Anstieg.

Für Etappe 6 gibt es keine Alternative, allerdings könnte mit der Panorama-Gondel der Abstieg deutlich reduziert werden. 

Kategorien Natur Bewegung Auszeit