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HTPT - Etappe 3: Von Höhen und Tiefen, Ski und Zirkus

Claudia Schallauer
08.08.2022

Ich wache gerädert auf, mein Hals brennt – ich dürfte mich wohl am Vortag verkühlt haben. Trotz herrlichstem Zirbenzimmer bin ich lange wach gelegen und mehrfach aufgewacht.

Ein Traum-Bio-Frühstück hellt meine Stimmung auf, mein Kopf bleibt jeoch im Tiefschlaf. Ich schaffe es, in slow motion den Koffer für den Transport pünktlich um 9:00 an die Rezeption zu bringen. Dann marschieren wir los.


Königsleiten ist ein weiterer Ski-Hotspot und wir fühlen uns wie im (geschlossenen) Disneyland, als wir an den überdimensionalen bunten Comic-Aufstellern vorbei gehen, die hier ihren Sommerschlaf halten und im Winter die Kinder in ihren Bann ziehen.

Gottseidank tauschen wir schon bald die Tapete wieder gegen echte Natur. Ein uriges Holzhaus mit Blumen am Fenster, dahinter zufrieden grasende Kühe. Unser Weg geht bergab - etwas unerwartet, da heute doch die Tagesetappe mit den meisten Höhenmetern ansteht, die schon bald folgen werden.

 

Wer nicht folgt, sind meine Beine. Ich habe eine 3. Tag-Ganzkörper-Müdigkeit (die ironischerweise die länste Etappe trifft, wobei es auch hier eine kürzere Alternativroute gibt). Dieses kleine Tief kenne ich von meiner letztjährigen Weitwanderung, allerdings haben wir damals unser gesamtes Gepäck selbst geschultert und getragen. Die Stecken leisten heute wie damals wertvolle Unterstützung beim Tempo-Machen und so kommen wir langsamer als sonst, aber stetig Meter für Meter höher.

Mein Gang fühlt sich plump, die Beine wie tonnenschwer an heute, ganz im Gegensatz zu den Kühen vor uns, die auf Steilhängen balancieren, als seien sie Seiltänzerinnen im Zirkus und hätten sie nur 1/10 ihres Körpergewichtes. Elegant vollführen Sie ihre Spitzkehren, während wir gefühlt mit Elefantenfüßen auf der breiten Forststraße aufwärts stapfen. Wobei Vorsicht geboten ist, müssen wir doch einem Hindernisparcour aus Kuhfladen slalomartig ausweichen.

 

Das Tal scheint endlos, unser Gipfel noch hinter der nächsten Kuppe versteckt. Wir erreichen eine kleine Kapelle, bei der wir eine kurze Rast vor den letzten 400 Höhenmetern einlegen und uns mit Trockenfrüchten und dem frischen Wasser, des Quellwasser-Trinkbrunnens zu Beginn der Etappe, stärken.

Tirol zu unserer Linken, wechselt die Szenerie erneut und wir finden uns in einer Landschaft wieder, die mit ihren weichen Formen und moosgrünem Gras an Irland erinnert. Nur die Schafe fehlen. Dafür taucht vor unseren Augen eine Herde blondmähniger Pferde auf, eines schöner als das andere. Anmutig grasen Sie über uns und motivieren uns, zu ihnen hoch zu kommen.

Das Steigen wechselt in Kraxeln, als wir die Spitze des Kröndlhorns auf 2.444m Seehöhe erreichen. Das Besondere: diesen Gipfel ziert eine wunderschöne kleine Kapelle anstatt eines Kreuzes.

Wir treffen auf zwei Paare, die sich in einer nahe gelegenen Alm eingemietet habe und uns auf einen Kaffee einladen. Allerdings fallen wir im Abstieg – nachdem wir das herrliche 360° Panorama genossen und fotografiert haben – wieder in unser „normales“ Gehtempo und überholen sie nach wenigen Minuten.

Halb so schlimm, etwa 15 Minuten weiter wartet unsere Mittags-Alm – so dachten wir zumindest. Als wir um ca. 14:30 über hungrig eintreffen, finden wir einen Getränkeautomaten und rein zufällig den wegfahrenden Besitzer, der uns wissen lässt, dass es (zumindest heute, aber eher gar) kein Essen gibt. Etwa 1000 Höhenmeter und 4 Kilometer liegen hinter uns und weitere 6 vor uns. Wir rasten kurz, um unsere sehr müden Beine etwas zu entspannen und treten etwas unmotiviert über die Forststraße, dann über einen Waldabstecher und dann zurück auf der mittlerweile extrem hitzigen Schotterstraße den Weiterweg an.

Nach nicht ganz 6 Stunden fast durchgehendem Marsch erreichen wir unseren Tagesendpunkt, das Gasthaus Rechtegg, von dem aus wir mit dem Shuttle-Bus zu unserer Unterkunft in Neukirchen gefahren werden. „Was gäbe ich jetzt für ein Eis“… der Fahrer dürfte meine Gedanken gelesen habe. „In Neukirchen gibt es einen unglaublich köstlichen Eisladen, da könnt ihr nach dem Abendessen hinspazieren“, vernehme ich von vorne. Mein Hirn schaltet schneller als die Ampel und ich bitte den Fahrer, doch bereits am Weg zur Unterkunft dort anzuhalten. Mega glücklich spendiere ich eine Runde des köstlichen Bananen-, Zimt, Holler und Vanille-Softeis.

Als ich danach im Hotel Steiger noch eine Runde im Biotop schwimme und in der Liegeschaukel auf und ab schwinge sind die Strapazen des heutigen Tages fast vergessen. Nach dem 5 gängigen Abendessen komplett.  

Etappeninfos:

  • Start: Königsleiten
  • Highlights: Kröndlhorn mit Kapelle
  • Ende: Neukirchen am Großvenediger
  • Strecke: 19,6km – ca. 940hm bergauf, 1.300 hm bergab
  • Alternativroute: 15,8km, ca. 650hm bergauf, 970hm bergab
Kategorien Bewegung Natur Auszeit