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HTPT - Etappe 2: Tag der Kühe

Claudia Schallauer
07.08.2022

Wir haben brav aufgegessen am Vorabend. Und dann wache ich auf und checke das Wetter: statt wie bis Mittag trocken zeigt die neue Tendenz Dauerregen. Wir drosseln unseren Morgeneifer und bleiben länger beim Frühstück sitzen, weil es ab 9:30 Uhr etwas weniger intensiv niederschlagen soll. Ungläubig verlassen wir unser Quartier bei minimalstem Sprühregen, sodass wir beschließen, ohne Regenkleidung zu starten.

 

Vor uns liegt als Start und Verdauungs-Morgensport ein Gipfelanstieg und ganz ehrlich freuen wir uns über die kleine Erfrischung mit den zu gestern deutlich niedrigeren Temperaturen. Wir stapfen die Piste aufwärts, vorbei an unzähligen Kühen und freuen uns, das etwas triste Bild, das jedes Skigebiet im Sommer bietet, nach nur einer Stunde gegen ein phänomenales 360° Panorama vom Plattenkogel auf knapp über 2.000 Höhenmetern zu tauschen. Unter uns eine Nebeldecke, über uns - genau im Moment der Gipfelfotos - ein kleines Lächeln der Sonne.

 

Wir treffen eine Einheimische, die auf ihrer naheliegenden privaten Alm ihre Wochenenden verbringt und von den herrlichen Sonnenaufgängen hier schwärmt. Wohl auch deshalb, das in einen 10 Meter entfernt liegenden Baumstamm geschnitzte Wort Kraftplatzl. Wir verabschieden uns, um nicht weit entfernt eine erneute Kurzpause einzulegen - ein herrliches Aussichtsbankerl ankerl verlockt nochmal mit Traumausblick zurück in die Hohen Tauern.

Dann wechselt die Kulisse zu Blockfelsen, die aufgrund der starken nächtlichen Regenfälle etwas glitschig sind, ein Teil des Weges ist sogar seilversichert. Während wir absteigen, klettern die Temperaturen nach oben. Eine Wohltat die kleine Quelle, die vor uns auftaucht. Wir tauchen unsere Handgelenke unter das erfrischende Wasser. Belebt machen wir uns auf zum Leitenkammer-Steig, der als eines der schwierigsten Stücke des gesamten Trails beschrieben wird und unsere vollste Konzentration fordert. Steil abwärts verlaufend ist die Begehung heute grenzwertig, wir sind dankbar über unsere Stecken und achten darauf, keine Wurzeln oder nassen schräg-platzierten Steine zu betreten.

Möglich ist, wie auch an den Tagen 3, 4  und 5 eine kürzere Schlechtwetter-Alternativroute zu wählen. Da aber kein Gewitter gemeldet ist, passen wir einfach unser Gehtempo an die Gegenheiten an und erfreuen uns an dem betörenden Duft, den nur frisch gefallener Regen zu zaubern vermag und die Szenarie aus Farnen und Urwald märchenhaft begleitet.
 

Kurz darauf duftet es von unseren Tellern und Bechern, wir gönnen uns eine Mittagsrast in der urigen Trisslalm: eine Kaspressknödelsuppe für meine Freundin und eines der gigantischsten Kuchenstücke meiner Bergsteiger-Karriere als mein Energiespender.  Auch das Geheimnis der extrem köstlichen Nachspeise bekommen wir verraten: frische Buttermilch! Wahre KUHlinarik :-)

Auf das Laute folgt die Stille. Wir passieren zuerst den kleinen Wildgerlossee, der eine bizarre Szene bietet: Kühe, die wie auf Sommerfrische vor dem Wasser in einer grasfreien Fläche dösen, einige Fliegenfischer zwischen Ihnen surreal platziert. Es folgt eine saftige Wiese mit weiteren Kühen jeglichster Farbnuance, deren Glocken von hell bis dunkel zu einem Konzert laden. Wir schließen die Augen und verweilen kurz.

 

Die Wetter-Updates fordern zum Weitergehen. Der Speichersee Durlassboden (durch deren Mitte die Ländergrenze Salzburg-Tirol verläuft) will zur Hälfte umrundet werden. Den gleichen Plan haben allerdings zahlreiche Biker und E-Radler, was dieses Teilstück etwas weniger genussvoll macht.

 

Wir beobachten das Regenradar – es ist jetzt halb vier und ab 16:00 Uhr kündigt sich Regen an, um 16:40 Uhr seien wir laut Update mittendrin. Daher muss ich schweren Herzens der Verlockung einer erfrischenden Schwimmpause im Stausee widerstehen und wir wandern direkt weiter zu unserer Unterkunft, dem Biohotel Castello in Neukirchen. Eine gute Entscheidung! Zehn Minuten bevor wir dort eintreffen, spüren wir die ersten Tropfen. Wir schützen unsere Rucksäcke und genießen die Himmels-Dusche, die den Tag so beendet, wie er begonnen hat: erfrischend. Als wir unser Willkommensgetränk – legedär: Enzian-Limonade genießen - geht das Tröpfeln in ein Prasseln über. Wir blicken auf die Uhr 16:39 ;-). Zeit für etwas Luxus: in der herrlichen Zirbensauna gefolgt von einem Mehrgang-Menü.

Etappeninfos:

  • Start: Hochkrimml
  • Highlights: Leitenkammerklamm und –steig, Stausee Durlassboden
  • Ende: Königsleiten
  • Strecke: 19,5km – ca. 670hm bergauf, 730hm bergab
  • Alternativroute: 9,8km, ca. 530hm bergauf, 600hm bergab
Kategorien Natur Bewegung Auszeit