Blog

HTPT - Etappe 1: Tag der Regenbogen

Claudia Schallauer
06.08.2022

Es geht los! Und gleich fulminant mit der Erfüllung eines langgehegten Wunsches von mir: dem Besuch der Krimmler Wasserfälle. Was für ein herrlicher Start in eine Weitwanderung – vor allem an einem Tag, an dem die Temperaturen im Tal 30 Grad übersteigen.

Ich vorfreudig aufgeregt, gespannt, was alles passieren wird, auf die Landschaft, die Begegnungen und die gemeinsamen Bergtage mit meiner Freundin, mit der ich letztes Jahr die 13 Etappen des Luchstrails gegangen bin. Damals selbst organisiert und alles im Rucksack tragend.

Dieses Jahr haben wir uns für die Verwöhn-Variante entschieden: Gepäcktransport und Comfort Unterkünfte :-) Und schon am 1. Abend wissen wir das sehr zu schätzen… aber lasst uns erst einmal losgehen:

Wir reisen öffentlich nach Krimml – das letzte Teil mit dem Bus, da seit dem Hochwasser im letzten Jahr ein Stück des Schienennetztes vor Mittersill schwer beschädigt wurde. Die Verbindung ist top und fließt nahtlos in den Empfang des 1. „Gepäck-Shuttlers“ über, der uns in der Ortsmitte pünktlich erwartet. Hier mein 1. Tipp: Krimml Bahnhof ist ziemlich außerhalb (in Vorderkrimml), daher am besten in der Ortsmitte aussteigen und starten!

Wir passieren die sogenannte Flaniermeile Krimmls und laufen uns wortwörtlich warm. Gottseidank folgt wenige Minuten später schon die Abzweigung zu den Krimmler Fällen. Hier nochmals aufpassen: Der Panorama-Trail folgt NICHT der klassischen Aufstiegs-Route und dem Schild „Krimmler Wasserfälle“ sondern den stets gut sichtbaren grünen Tafeln „Panoramatrail“. Wir betreten die Außenzone des 1981 ernannten Nationalpark-Gebietes. Auf der linken Uferseite der mächtigen Wassermassen, steigen wir auf einem wunderschönen Waldweg empor. Das hat zwei Vorteile: wir starten die Wanderung relativ menschenleer und vor allem auf angenehmem Wanderweg, der zum Großteil im Schatten verläuft.

 

Doch nochmal kuzr ein paar Minuten zurück. Bevor wir in den Rhythmus unserer Schritte eintauchen, machen wir einen Abstecher zum Therapiebereich, bei dem wir dem unteren Wasserfall ganz nahe kommen. „Oh, wow, wunderschön“… Worte, die wir beide noch mehrere Male heute staunend ausrufen.

Wir öffnen unsere Arme füllen unsere Lungen mit dem heilsamen Sprühnebel der ins Tal donnernden Wassermassen. Vor ca. drei Jahren durfte ich bei einer Fortbildung des Alpenvereins zum Thema „Heilwirkung des Wandern“ Arnulf Hartl kennenlernen, der hier für die Paracelsus Universität zahlreiche Studien über die Gesundheitseffekte der Krimmler Wasserfälle durchführte – und zahlreiche positive Effekte, vor allem für Asthmatiker und Allergiker wissenschaftlich bestätigte. Aber auch für die Psyche haben Wasserfälle eine nachweisliche Auswirkung. Wie gerne würde ich mich zu den Personen in den Liegestuhl dazu legen, meine Augen schließen und den feinen Sprühnebel inhalieren.

Da meine Freundin die weite Strecke aus Wien angereist ist, ist es bereits 15:00 Uhr, und vor uns liegen laut Wanderbooklet 4h45min. Gehweg, von dem wir erst etwa 15 Minuten absolviert haben.

 

Allerdings, wir sind beide gute Bergaufgeherinnen und der unerwartete, schöne und schattige Waldweg motiviert zusätzlich. Kleine Engerl, die jemand liebevoll in moosbewachsenen Nischen platziert hat, schaffen gemeinsam mit dem durch das Sonnenlicht funkelnde Waldstück eine märchenhafte Kulisse.  Der laute, hektische Alltag scheint innerhalb von Minuten mehrere Tage entfernt. Das ist die Magie des (Weit)Wanderns.

 

Wir schreiten zügig den kurvigen Waldweg empor. Das Licht setzt einzelne Bäume, Farne oder Moose in Szene und wir bleiben ein paar Male stehen, um diese Stimmung nicht nur mit dem Herzen sondern auch mit der Kamera einzufangen. Der Duft der Bäume und das Tosen des Wassers sind unser Begleiter. Die fotogenen Ausblicke auf die Fälle folgen jedoch erst beim Abstieg, was uns zugute kommt, da wir so in einen rhyhtmischen Wander-Flow verfallen, der uns in etwa einer Stunde zur Kehre auf 1700 Meter Seehöhe bringt.

Wir gönnen uns eine kleine Stärkung direkt am Ufer der Krimmler Ache bevor wir den Abstieg über den „klassischen“ Wasserfall-Weg antreten. Weniger Meter nach unserer Rast folgt die ersten von vielen Aussichtsplattformen, zuerst auf den oberen Wasserfall. Wir staunen, atmen und fotografieren. Der Runterweg ist als Schotterstraße angelegt, die in Serpentinen teilweise sehr steil bergan führt. Wie dankbar sind wir über unseren alternativen Aufstiegsweg, der uns in unseren Wander-Rhythmus gebracht hat. Nun stoppen wir alle 5-10 Minuten, um einen weiteren Ausblick zu genießen.
 

Die Kombination aus der enormen Kraft der Wassermassen und den filigranen Regenbogen, die die Sonne in die Luft zaubert, ist einzigartig. Ich habe schon viele Wasserfälle in meinem Leben gesehen, in Österreich, aber auch beim Reisen. Und immer wieder fängt mich der Zauber dieser Naturgewalt, die Erinnerungen an meine letzte Fernreise und den Besuch der Iguazo-Wasserfälle in Brasilien wach ruft.

Auch hier ist es sehr international, wir begegnen einigen Asiaten und lauschen einer Mischung aus Sprachen und Dialekten. Was die BesucherInnen vereint: bei den Aussichtspunkten genießen alle die Sprühnebelduschen, die bei den heutigen Temperaturen eine Wohltat sind. Durch den teilweise steilen Weg, der bergab immer wieder zum leichten Traben einlädt, erreichen wir bald wieder das Tal, wo sich die Touristen mit Eisbechern und Österreichischen Klassikern stärken und Souvenirs shoppen.

Nicht wir – vor uns liegt der 2. Teil der heutigen Etappe mit etwas weniger als der Hälfte an Kilometern, aber etwas mehr an Höhenmetern. Der Weg in die Freiheit leitet diese 2. Strecke ein, wir passieren das Geburtshaus der Freiheitskämpfers Anton Wallner, dem diese Route gewidmet ist. Genau hier ist auch eine kleine Wegänderung im Vergleich zur gpx-Route, die „offline“ aber nicht auffällt, weil sie perfekt ausgeschildert einfach eine Parallelstraße weiter bergauf führt. Ein kurzer Weg am Asphalt, vorbei an idyllischen Holzhäusern, wie man sie in der Österreich-Werbung erwartet.

 

Es ist 18:00 Uhr und unsere Beine werden etwas müde. Unser Ziel: gut versteckt etwa dreihundert Höhenmeter über uns. Vor uns: ein wunderschönes Waldstück, bei dem wir wieder unsere Stärke ausspielen können: volle Power auf wenigen Meter mit direktem Anstieg. Gesäumt von primär violetten Blumen verfallen wir ein letztes Mal in den Flow unserer Schritte und sind unglaublich neugierig auf unsere Unterkunft, die Filzstein Alm, die sich ausdauernd versteckt.

Um 18:35 Uhr, nur vier Stunden nach unserem 1. Schritt, stehen wir nach der letzten Kurve unerwartet vor einem riesigen Chaletdorf, deren umgebende Wiesen von einer Herden Kühe begrast wird. Unser Hotel Filzstein einige Meter im Hintergrund; auf der Terrasse einige Gäste, die das Abendessen in diesem herrlichen Panorama genießen.

Wir sind riesig dankbar, hatten wir doch wirklich Bedenken, ob wir es bis Küchenschluss um 20:00 Uhr schaffen würden. Schnell beziehen unser großes Zimmer mit ebenerdiger Terrasse, auf der wir unsere von der Hitze durchtränke Kleidung zum Auslüften und Trocknen am Geländer aufhängen und uns danach über die frischen Sachen in unseren Koffern freuen. Und dann sehr über die erlesene Kulinarik.

 

Nachdem wir gestärkt ins Zimmer zurück kehren, beginnt ein weiteres Naturschauspiel und Blitze ziehen über den nachtblauen Himmel. Der beginnende Regen lässt die Grade purzeln und wir genießen die frische Luft und fallen in einen frühen wohlverdienten Schlaf.

Resumé des 1. Tages am Hohe Tauern Panorama Trail: ein kurzer, etwas anstrengender Einstieg, vor allem durch den steilen Anstieg im 2. Wegteil (zur Filzsteiner Alm). Gehzeit mit 4h 45min. realistisch (im Vergleich hatten wir letztes Jahr beim Luchstrail Mühe, die angegebene Zeit zu schaffen, wobei das ev. daran lag, dass wir unser ganzes Gepäck selber getragen haben).

Die tolle Wegführung mit großteils angenehmem, schattigem Waldweg in den Haupt-Aufstiegen und wenig Asphalt sowie das eindrucksvolle Naturschauspiel der Krimmler Wasserfälle belohnen für alle Anstrengung :-).

 

Kategorien Natur Auszeit Bewegung